LWL fördert Projekte der Jugendarbeit gegen Antisemitismus und Rassismus

Foto: LWL

Münster (lwl). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) setzt ein klares Signal: Mit dem Programm „Partizipation und Demokratie fördern“ unterstützt er den Dialog zwischen Kindern, Jugendlichen und der Kommunalpolitik. Seit 2001 fördert der LWL jährlich Projekte, die junge Menschen in ihrer politischen Mitbestimmung stärken. In diesem Jahr erhalten wieder ganz unterschiedliche Projekte Zuschüsse in Höhe von insgesamt rund 64.000 Euro. Am Montag (1.9.) hat der LWL-Landesjugendhilfeausschuss über die Projekte entschieden, die jetzt eine Förderung erhalten. Dabei gab es bei der Auswahl der Projekte wieder eine Priorisierung: Angesichts zunehmender antisemitischer und rassistischer Vorfälle wurden Projekte priorisiert, die sich gezielt gegen Antisemitismus und Rassismus richten. Dabei ist es gelungen, alle Anträge zu berücksichtigen, die diese Themen aufgreifen.

„In diesem Jahr haben wir ungewöhnlich viele Anträge erhalten. Es freut mich sehr, dass das Interesse an dem Förderprogramm und insbesondere dem neuen Förderschwerpunkt so groß ist“, sagt der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann. „Es gab viele unterschiedliche Ideen, wie sich junge Menschen in Westfalen-Lippe aktiv gegen Hass und Hetze engagieren und Politik mitgestalten wollen.“

Jedes Projekt erhält eine Förderung von bis zu 5.000 Euro. Womit sich die einzelnen Projekte inhaltlich beschäftigen, ist sehr unterschiedlich:

Die Bandbreite reicht von einem Fotoprojekt über Diskussionsrunden mit Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern bis hin zu einer mobilen Ausstellung zu Antisemitismus und Rassismus im Sport.

„Wir stellen die jungen Menschen in den Mittelpunkt“, erklärt Birgit Westers, LWL-Jugend- und Schuldezernentin. „Nicht die Erwachsenen initiieren den Dialog, sondern die Jugendlichen selbst geben den ersten Impuls. Sie bringen ihre Perspektiven zu Rassismus und Antisemitismus ein und entwickeln gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort konkrete Handlungsstrategien. Diese Zusammenarbeit macht junge Menschen fit für Demokratie und zeigt das Potenzial lokaler Veränderungen.“

Die geförderten Projekte starten im September und haben eine Laufzeit von bis zu zwölf Monaten. In dieser Zeit werden sie von der LWL-Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung fachlich begleitet.

Weitere Informationen zum Förderprogramm „Partizipation und Demokratie fördern“ erhalten Interessierte auf der Webseite http://www.lwl.org/partizipation-und-demokratie-foerdern.

Hintergrund
Das LWL-Landesjugendamt organisiert das Förderprogramm „Partizipation und Demokratie fördern“. Bisher hat der LWL bereits knapp 270 Projekte freier und öffentlicher Träger der Jugendhilfe in Westfalen-Lippe mit jeweils bis zu 5.000 Euro gefördert. Die Vielfalt an Ideen ist dabei Programm: Die Erfahrung aus bereits geförderten Projekten zeigt, dass es kein universelles Beteiligungsformat gibt, das in jeder Kommune gleich erfolgreich ist. Die Projekte erproben passende Ansätze in der jeweiligen Situation und entwickeln sie gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen weiter.

Das LWL-Landesjugendamt begleitet und qualifiziert die geförderten Projekte über Fachberatung und gemeinsame Fachtage (Austausch über Konzeptionen, Projekterfahrungen, kollegiale Beratung). Den Abschluss der einjährigen Projektphase bildet in der Regel die Projektpräsentation mit den teilnehmenden Jugendlichen und den Verantwortlichen der Kommunalpolitik im LWL-Landeshaus in Münster. Im Jahr 2026 besteht das LWL-Förderprogramm seit 25 Jahren. Anlässlich dieses Jubiläums wird geplant, die Projekterfolge erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren.

Angegliedert ist das Förderprogramm „Partizipation und Demokratie fördern“ bei der Servicestelle für Kinder und Jugendbeteiligung in NRW. Seit 2014 existiert die Servicestelle und wird aus den Mitteln des Kinder- und Jugendförderplans NRW gefördert. Die Servicestelle hat ihren Sitz beim LWL-Landesjugendamt in Münster und arbeitet eng mit dem Kompetenzteam eigenständige Jugendpolitik und Partizipation des LVR-Landesjugendamtes Rheinland zusammen.

Die vom LWL geförderten Projekte im Überblick:

„Solidarisch statt gespalten – Junge Stimmen gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus“

Ostwestfalen-Lippe: In drei aufeinander aufbauenden Projektformaten setzen sich muslimische und als muslimisch wahrgenommene Jugendliche mit Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus auseinander – in einem geschützten Raum, der auf Respekt basiert und ihre Erfahrungen ernst nimmt. Zum Projekt gehören eine Tagesfahrt zum Anne-Frank-Haus sowie ein moderierter Austausch mit Kommunalpolitiker:innen über Diskriminierungserfahrungen und politischer Teilhabe.

„Büren – Burg – Berlin – Ein gemeinsamer Weg gegen Rassismus“

Büren: Das Projekt setzt auf jugendliche Partizipation durch die aktive Auseinandersetzung mit der (lokalen) Geschichte während der NS-Zeit. Gemeinsam erarbeiten die Jugendlichen ein grundlegendes Verständnis von Demokratie, Vielfalt und Gleichheit, um dem anhaltenden Alltagsrassismus entgegenzuwirken. Federführend ist dabei der Jugendbeirat.

„Besser zusammen – Wünsche an die Zukunft Social Impact Jugendgruppe“

Münster: Die Teilnehmer:innen setzen sich in regelmäßigen Treffen mit Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung, Nachhaltigkeit, Vielfalt und Demokratie auseinander. Das Projekt soll niedrigschwellige Zugänge zu kommunalen Strukturen schaffen und damit junge Stimmen sichtbar machen.

„Cube4: For Respect, against racism!“

Recklinghausen: „Cube4“ ist ein mobiler Würfel mit vier gestaltbaren Seiten, auf denen Haltungen gegen Antisemitismus und Rassismus kreativ zum Ausdruck kommen. Der wetterfeste Würfel wird an wechselnden Orten der Stadt aufgestellt und fungiert als sichtbares Statement gegen Antisemitismus und Rassismus. Der Dialog mit der Kommunalpolitik soll niedrigschwellig über begleitende Veranstaltungen wie z. B. Aktionstage, moderierte Gesprächsrunden, Stadtteilgespräche und Workshops öffentlich begleitet werden.

„your future, your voice“ – Demokratie durch Mit-Bestimmung gestalten

Ahaus: Das Projekt möchte Jugendlichen ermöglichen, sich aktiv und dauerhaft mit ihren politischen Anliegen einzubringen und mit Kommunalpolitiker:innen in Austausch zu treten. In Workshops und Themenwerkstätten setzen sich die Teilnehmenden mit Themen wie demokratischer Bildung und Mitbestimmung, Antisemitismus und Rassismus auf kommunaler Ebene, Barrierefreiheit, Diversität, Nachhaltigkeit und Beteiligung auseinander. Zum Abschluss formulieren sie Handlungsempfehlungen, die unter anderem dem JHA präsentiert werden.

„Mit uns musst DU planen“

Herne: Kinder und Jugendliche zwischen acht und 13 Jahren sollen mittels konkreter Projekte an die politische Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse herangeführt und daran beteiligt werden. Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes ist neben der Erlernung von Partizipationsmöglichkeiten ein Besuch im Anne-Frank-Haus und die Auseinandersetzung mit Themen wie Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung, Teilhabe und Erinnerungskultur. Alltagsrassismus im Hier und Jetzt und daraus resultierende Zielsetzungen sollen gemeinsam mit Politik besprochen werden.

„AntiRa-Scouts Coesfeld, Jugend macht Meinung“

Coesfeld: Jugendliche aus den Berufskollegs sollen freiwillig und außerschulisch zu Multiplikator:innen gegen Rassismus ausgebildet und dazu befähigt werden, sich aktiv in politische Diskurse einzubringen. Sie entwickeln eigene Bildungsformate, setzen sich mit Themen wie Alltagsrassismus, Antisemitismus, Demokratie und Medienkompetenz auseinander und gestalten kreative Aktionen sowie Dialoge mit Kommunalpolitik.

„Dortmund durch unsere Augen – wir bestimmen mit!“

Dortmund: Ziel des Projekts ist es, Antiziganismus (eine Form von Rassismus, der sich gegen Roma und Romnja sowie Sinti und Sintizze richtet) entgegenzuwirken. Das Projekt möchte einen Beitrag dazu leisten, dass die Zielgruppe der zehn bis 16-jährigen Roma und Romnja aus Dortmund niedrigschwellig dazu befähigt wird, ihre politischen Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen, ihre Bedürfnisse zu äußern und ihr Lebensumfeld mitzugestalten.

„Jugend gestaltet Stadt: „What´s up with the new JUPA?“ – Mitbestimmung und Dialog in Hattingen

Hattingen: Das Projekt fördert die Beteiligung junger Menschen in Hattingen durch kreative Mitgestaltung und direkten Austausch mit der Kommunalpolitik. Geplant sind Workshops zur Raumgestaltung und öffentlichen Kunst, Dialogformate wie „Grill die Politik“, in dem Jugendliche und Politiker:innen in einen Austausch kommen und in einem Wettbewerb gegeneinander antreten. Im Mittelpunkt des Projekts stehen Themen wie Mitbestimmung, Selbstwirksamkeit, Demokratiebildung, Vielfalt, Antisemitismus und Rassismus.

„Fair.Play.Demokratie – Für ein friedvolles Miteinander im Sport“

Dortmund: Das Projekt richtet sich an Jugendliche in Dortmund und rückt jüdische Perspektiven im Sport in den Mittelpunkt. In Workshops und Dialogformaten setzen sich die Teilnehmenden mit Antisemitismus und Rassismus im Sport und Alltag auseinander, machen jüdische Sportlerinnen und Sportler mit ihren historischen Biografien aus Dortmund sichtbar, reflektieren die Frage, was Antisemitismus im Sport heute bedeutet, und treten in einen Politiktalk mit Vertreter:innen aus Kommunalpolitik, Sport, jüdischer Gemeinde und Zivilgesellschaft. Entstehen sollen unter anderem eine selbst erstellte mobile Ausstellung, eine Interviewreihe, kreative Erinnerungsaktionen vor Sportstätten sowie eine TikTok-Kampagne.

„Bilder der Vielfalt – Unsere Stimmen gegen Rassismus“

Gevelsberg: Ziel des Projekts ist es, junge Menschen (insbesondere auch mit Fluchterfahrung oder Migrationsgeschichte) für Rassismus in seinen vielfältigen Formen zu sensibilisieren und ihnen Raum zu geben, eigene Erfahrungen und Perspektiven kreativ auszudrücken. In Zusammenarbeit mit einem lokalen Designstudio gestalten sie individuelle Leinwände – mit Fotos, Comics, Zeichnungen oder Malerei – und bringen so ihre Themen in die Öffentlichkeit und Kommunalpolitik ein.

„Hemer zeigt, was verbindet – gegen Hass und Ausgrenzung“

Hemer: Jugendliche in Hemer setzen sich mit den Themen Antisemitismus und Rassismus auseinander. Im Rahmen eines Fotoprojekts halten sie mit Analogkameras eine Woche lang Motive fest, die für sie Vielfalt, Respekt und Zusammenhalt symbolisieren. Die entstandenen Collagen werden zum 81. Jahrestag der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Stalag VI a, das sich in Hemer befindet, öffentlich präsentiert. Ein begleitender Fachtag im Jugend- und Kulturzentrum Hemer informiert rund 200 Schüler:innen über rechtsextreme Ideologien, Symbolik und Strategien – unter anderem durch den Vortrag eines ehemaligen Rechtsextremisten. Den Abschluss bildet ein Austausch mit Lokalpolitiker:innen, bei dem Jugendliche ihre Fragen stellen und diskutieren können, wie Rassismus und Antisemitismus in Hemer bekämpft werden können.

„Gemeinsam stark – Miteinander für Demokratie“

Rheine: In verschiedenen Formaten setzen sich die Teilnehmenden mit Rassismus, Antisemitismus, Diskriminierung und demokratischen Strukturen auseinander. Diese Formate sind Exkursionen, Workshops, ein Besuch eines Escape-Rooms zum Thema „demokratische Prozesse“, eine gemeinsame Kunst-/Graffitiaktion, eine theaterpädagogische Umsetzung zur Zivilcourage oder der Besuch einer Ratssitzung. Ziel ist es, kommunalpolitische Prozesse und handelnde Personen kennenzulernen, den Dialog auf Augenhöhe zu fördern und junge Menschen zu politischer Teilhabe zu ermutigen.

„Vielfalt im Dialog – Jugendliche gegen Antisemitismus und Rassismus“

Telgte: Im Rahmen eines Videoprojekts dokumentieren Jugendliche ihre Perspektiven und Erfahrungen zu den Themen Antisemitismus und Rassismus. In einem Dialog mit Kommunalpolitikern präsentieren sie ihre Anliegen und Ideen zur Förderung von Demokratie und Toleranz. Ein Video soll als kreatives Medium genutzt werden, um die Botschaften der Jugendlichen in der Öffentlichkeit zu verbreiten und ein Bewusstsein für die Gefahren von Diskriminierung zu schaffen.